
Generalsanierung statt Abriss
Generalsanierung statt Abriss
Bevor das Gebäude im 3. Wiener Gemeindebezirk generalsaniert wurde, stand auf dem Ort in der Nähe des Rochusmarkt und Donaukanals, umgeben von einer Blockrandbebauung, ein Bestandsbau aus den Siebzigerjahren. Das 1975 erbaute Hochhaus aus der Nachkriegszeit hatte eine braune Blechfassade und hochspiegelnde Fenster. Anstatt dieses abzureißen, entschied sich der Bauherr nach einer Machbarkeitsstudie für eine Generalsanierung und Erhaltung der intakten Substanz und somit ein Beispiel für nachhaltiges, ressourcenschonendes und klimafittes Sanieren zu setzen.
Energieupdate und Klimaresilienz für Bestand
Dafür gab es im Jahr 2019 einen Architekturwettbewerb, aus denen das Pariser Büro Chaix & Morel et Associés und der Wiener Partnerarchitekt Christian Anton Pichler (CAPP) als Sieger hervorgingen. Der Bauherr erweiterte die Kompetenzen über eine Vielzahl an speziellen Fachplaner:innen auf ein interdisziplinäres Team. Neben den Themen Ressourcenschonung und Energieoptimierung wurden damals bereits auch die Themen Klimaresilienz und Biodiversität im Planungsprozess berücksichtigt, um das Gebäude neben der klimaaktiv Gold-Plakette auch mit der greenpass Zertifizierung zu versehen.

Soziale Sicherheit und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand. Unser mehrfach ausgezeichnetes Gebäude zeigt eindrucksvoll dieses Zusammenspiel. Das generalsanierte Haus in der Kundmanngasse 21 ist ein Leuchtturmprojekt. Das Ziel war es, ein Null-Energie-Bürogebäude zu realisieren, das auch für zukünftige Herausforderungen gewappnet ist. Nach mehrjähriger Nutzung sind wir damit sehr zufrieden und stolz auf das Vorzeigeprojekt mit klimaaktiv-Auszeichnung in Gold und greenpass-Zertifizierung in Silber.
Dachverband der Sozialversicherungsträger
Büroleiter Mag. Jan Pazourek und Büroleiter-Stv. Dr. Alexander Burz
Passivhausmantel und neue Freiräume
Das Gebäude erhielt einen Zubau und wurde nach ca. zweijähriger Sanierung im Jahr 2020 wiedereröffnet. Der Massivbau mit Vollwärmeschutz erreicht Passivhaus-Standard dank ausgeklügelter Gebäudetechnik und durch eine eigens entwickelte und hinterlüftete Doppelfassade. Das 16-geschoßige Bürogebäude hat im Vergleich zu einem vergleichbaren Neubau um 80% weniger Energie- und Betriebskosten. Dies wird durch einen Fernwärmeanschluss, kontrollierte Be- und Entlüftung, Bauteilaktivierung, Beschattung, Wärmerückgewinnung und einer ca. 150kWp PV-Anlage, zum Teil auch in die Fassade integriert, erreicht. Die Maßnahmen zeigen, dass das Projekt einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und einer grünen Energiewende leistet.
Die Liegenschaft performt neben Energieeffizienz auch hinsichtlich Klimaresilienz. Die vorhandenen Terrassen auf dem Hochaus wurden durch die Doppelfassade in das Gebäude integriert und zu einer Lounge umfunktioniert. Durch den Zubau eines Nebengebäudes, das vollständig mit PV ausgestattet wurde, wurden auf dem Zwischengebäude auch neue Terrassenflächen bzw. Freiraumnutzungsmöglichkeiten geschaffen.
Durch die gezielte städtebauliche Anordnung der Gebäude wurde in dem innerstädtischen Bezirk ein halböffentlicher Platz und Freiraum geschaffen. Der mit einer Tiefgarage unterbaute Vorplatz wurde dabei mit zusätzlichen Baumpflanzungen mit unterpflanzten Grünflächen und dem Einsatz von Nebelsprühern hinsichtlich Mikroklima und thermischen Komfort für die Nutzer:innen optimiert.

Architektur und Nachhaltigkeit mehrfach ausgezeichnet
Das Gebäude des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger ist ein mehrfach ausgezeichnetes Leuchtturmprojekt. Neben greenpass SILBER ist das Gebäude auch klimaaktiv GOLD zertifiziert und war auch für den Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit 2021 nominiert.
Wie der Reisepass für Menschen dient der grüne Pass als offizielles Bestätigungsdokument. Der grüne Pass fasst dabei die Klimaresilienz und Nachhaltigkeit von Immobilien und deren Freiräumen transparent zusammen. Das klimafitte Gebäude des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger im 3. Bezirk in Wien erreicht nach einer erfolgreichen Optimierung von mehr als 10% einen Zertifizierungsgrad von 62% und folglich greenpass SILBER.

SILBER
Dachverband der Sozialversicherungsträger
AT-2019-002
Zusätzliche Zertifizierungen

Klima
Wasser
Luft
Biodiversität
Energie
Kosten
Wirkungsvolle Optimierung und Klimwandelanpassung
Das Projekt weißt insgesamt ca. 400 m² Grünfläche, 11 kleine und mittlere Gehölze im Erdgeschoß und auf der Terrasse sowie in Summe ca. 200m² extensive und intensive Dachbegrünung vor. Dank Unterstützung von evidenzbasierten Simulationen, Analysen und Bewertungen konnten die Grünflächen in der Planungsphase durch einen gemeinsamen Optimierungsprozess um ca. 20% erweitert werden. Basierend auf Hitzekarten wurde für den Standort auch die Installation von Nebelsprühern empfohlen und folglich mit 19 Nebelstehlen in die Planung und Umsetzung integriert, um den thermischen Komfort im Außenraum an Hitzetagen für die Nutzer:innen gezielt und wirkungsvoll zu optimieren.
Grün für thermischen Komfort und Biodiversität
Das Projekt weißt an Hitzetagen einen guten thermischen Komfort (gefühlte Temperatur) vor. Durch die Begrünung wird auf dem Vorplatz die gefühlte Temperatur an einem typischen Hitzetag um 15 Uhr gefühlt um bis zu ca. 5-10°C reduziert, was die Kühl- und Beschattungsleistung der Vegetation sowie auch des eingesetzten Sprühnebels bestätigt. Auch auf die Umgebung wirken die Maßnahmen mit bis zu ca. -5°C gefühlter Temperatur.
Bei der Bepflanzung wurde Fokus auf Artenvielfalt sowie standortgerechte und heimische Arten gelegt. Unterschiedliche Vegetationsstrukturen von Gras bis Baum fördern die Biodiversität. Eine smarte Bewässerungsanlage stellt auch sicher, dass die Pflanzen ausreichend Wasser bekommen. Zusätzlich wurden auch Bienen- und Vogelweiden sowie eine artenreiche Krautschicht eingesetzt. Die Erweiterung um die qualitative Terrassengestaltung mit Trogbegrünungen ermöglicht private sowie gemeinschaftlich nutzbare Flächen auf der Liegenschaft.
Nach drei Jahren wurde das Projekt hinsichtlich der qualitativen und quantitativen Umsetzung der Maßnahmen sowie auch der Vegetationsentwicklung im Rahmen der greenpass Zertifizierung und dem greenpass Qualitätsstandard erfolgreich überprüft.
Conclusio
Das Vorzeigeprojekt zeigt, wie Bestandsgebäude klimafit saniert und der Freiraum erfolgreich angepasst sowie qualitativ gesteigert werden kann. Gebäudebegrünung ist gerade in innerstädtischen Situationen eine der wirkungsvollsten Klimawandelanpassungsmaßnahmen. Gleichzeitig zeigt das Projekt, dass auch bei Gebäuden ohne Vollbegrünung die Klimaresilienz wirkungsvoll optimiert werden kann.
Klimaschutz und Klimawandelanpassung ergeben gemeinsam eine erfolgreiche Klimasicherung für zukunftssichere Immobilien und Freiräume in der Stadt. Die Klimasicherung kann mit der Kombination von Gebäudezertifikaten für Klimaschutz und Zertifikaten für Klimawandelanpassung und Klimaresilienz offiziell bestätigt werden um die Zukunfts- und Investitionssicherheit von Immobilien sicherzustellen sowie dabei auch den Wert und die Wirkungsleistung für den Bauherren, Nutzer:innen und Anrainer:innen zu maximieren.